27

Goldfish Point,
La Jolla, Kalifornien

»Sehr gut … danke. Wir achten auf ihn.«

Selma legte das Telefon zurück und wandte sich zu der Gruppe um, die sich um den Ahornarbeitstisch versammelt hatte: Sam, Remi, Pete und Wendy.

Selma sagte: »Das war George. Das Modell der Theurang-Scheibe ist fertig. Er schickt es per Fahrradkurier rüber.«

»Ich kann es kaum erwarten, zu sehen, was achthundert Fotos als dreidimensionales Objekt ergeben«, sagte Remi.

Nach einem Marathonflug Sofia-Frankfurt-San Francisco-San Diego zu Hause angekommen, hatten sich Sam und Remi gerade noch die Zeit genommen, ihr Team zu begrüßen, und sich dann sofort für zehn ungestörte Stunden in ihre Betten verkrochen. Erfrischt und halbwegs wieder an die kalifornische Ortszeit angepasst, hatten sie sich anschließend mit dem Team zu einem Informationsaustausch im Arbeitsraum getroffen.

»Ganz gleich, wie gut das Modell auch sein mag«, meinte Pete, »es reicht niemals an das Original heran.«

Die beiden echten Theurang-Scheiben, die in ihren Konturmulden aus schwarzem Schaumstoff ruhten, glänzten im harten Licht der Halogenhängelampen.

»Was das Aussehen betrifft, ist das richtig«, erwiderte Sam. »Aber was den Nutzen angeht … solange uns das Modell die Richtung anzeigt, in der wir weitersuchen müssen, ist es für mich genauso golden wie das Original.«

Selma fragte: »Glauben Sie irgendetwas davon?«

»Was meinen Sie?«

»Die Prophezeiung. Also Jacks Theorie, dass der Theurang ein missing link der Evolution ist, Shangri-La … eben das alles.«

Remi beantwortete die Frage. »Na ja, Jack hat doch selbst darauf hingewiesen, dass uns nur Zeichnungen vom Theurang zur Verfügung stehen und niemand entscheiden kann, inwieweit sie auf einem Mythos oder auf direkter Beobachtung beruhen. Ich denke, seine Argumentation ist überzeugend genug, um der Sache ernsthaft auf den Grund zu gehen.«

Sam nickte zustimmend. »Was Shangri-La betrifft … viele Legenden basieren auf einem wahren Kern. In der modernen populären Kultur ist Shangri-La ein Synonym für das Paradies. Für die Bewohner von Mustang ist es vielleicht niemals mehr gewesen als der Ort, an dem der Theurang ursprünglich gefunden wurde – und wo er von Rechts wegen seine ewige Ruhe finden sollte. Ortsnamen an sich sind Schall und Rauch. Was zählt, ist allein die Bedeutung, die wir ihnen zumessen.«

»Sam, das klingt ja beinahe poetisch«, staunte Remi.

Er grinste. »Ich habe gelegentlich auch mal meine großen Momente.«

Das Interkom summte. Selma antwortete und ging dann hinaus. Eine Minute später kam sie mit einem Pappkarton zurück. Sie öffnete ihn, inspizierte seinen Inhalt und holte ihn dann heraus. Nun legte sie die Nachbildung der Theurang-Scheibe auf das Schaumstofftablett.

Die Scheibe war von ihren echten Gefährten fast gar nicht zu unterscheiden.

»Ich bin beeindruckt«, sagte Sam. »Gut gemacht, Selma.«

»Danke, Mr Fargo. Sollen wir Jack anrufen?«

»Gleich. Ich denke, zuerst ist es an der Zeit, dass wir uns bei King Charlie melden. Ich würde ihn gern ein wenig ärgern, damit er sich vielleicht durch irgendeine unbedachte Bemerkung verrät.«

»Was meinen Sie?«, fragte Wendy.

»Je nachdem, wie zuverlässig seine Quellen in Mustang sind, ist er vielleicht noch immer in dem Glauben, dass sein Plan, uns im Kali Gandaki ertrinken zu lassen, erfolgreich war. Mal sehen, ob wir es schaffen, ihn aus der Reserve zu locken. Selma, können Sie eine sichere Leitung auf den Lautsprecher legen?«

»Ja, Mr Fargo. Einen Moment.«

Die Verbindung wurde mit einem Klicken hergestellt, und der Rufton erklang. Charlie King meldete sich mit einem barschen »King hier«.

»Guten Morgen, Mr King«, sagte Sam. »Hier sind Sam und Remi Fargo.«

Zögern. Dann folgte ein stürmisches: »Einen guten Morgen auch Ihnen! Hab lange nichts von Ihnen gehört. Ich fing schon an, mir Sorgen zu machen, dass Sie von unserer Abmachung zurückgetreten sein könnten.«

»Welche Abmachung sollte das sein?«

»Ich habe für die Freilassung Ihres Freundes gesorgt. Jetzt sollten Sie mir eigentlich übergeben, was Sie gefunden haben.«

»Ich denke, dass Sie gerade einem heftigen Anfall von Wunschdenken unterliegen, Charlie. Die Abmachung lief darauf hinaus, dass wir mit Russell und Marjorie zusammentreffen und uns in irgendeiner Form einigen.«

»Also, verdammt, mein Sohn, was meinen Sie denn, was das bedeutet? Ich gebe Ihnen Alton, und Sie geben mir, was ich haben will.«

Remi ergriff das Wort. »Wir haben entschieden, dass Sie vertragsbrüchig geworden sind, Charlie.«

»Wovon reden Sie?«

»Wir sprechen von dem falschen Fremdenführer, den Sie engagiert haben, um uns in Mustang zu töten.«

»So etwas habe ich niemals …«

Sam unterbrach ihn. »Langweilen Sie mich nicht mit Haarspaltereien. Wenn Sie das nicht selbst waren, dann haben Sie Ihre Kinder oder Ihre Frau angewiesen, es zu veranlassen.«

»Glauben Sie das wirklich? Nun, dann beweisen Sie es.«

»Ich glaube, wir können noch etwas Besseres tun«, erwiderte Sam. Remi, die neben ihm saß, formte mit dem Mund die Frage: Was? Sam zuckte die Achseln und antwortete auf gleiche Art und Weise: Ich lasse es drauf ankommen.

King sagte: »Fargo, ich wurde schon von härteren und reicheren Männern bedroht, als Sie es sind. Fast jeden Tag wasche ich mir ihr Blut von den Schuhen. Wie wäre es, wenn Sie mir zukommen ließen, was ich haben will, und dann trennen wir uns als Freunde?«

»Dazu ist es zu spät – ich meine den Teil, dass wir uns als Freunde trennen. Was allerdings den Preis angeht, hinter dem Sie her sind, also den Preis, dem Ihr Vater fast sein ganzes Leben lang nachgejagt ist – den haben wir. Er liegt direkt vor uns.«

»Quatsch.«

»Passen Sie auf, was Sie sagen, und wir schicken Ihnen vielleicht mal ein Bild davon. Aber weshalb erklären Sie uns eigentlich nicht, weshalb Sie sich so sehr dafür interessieren?«

»Wie wäre es, wenn Sie mir verraten, was Sie glauben gefunden zu haben?«

»Einen Kasten aus Holz, würfelförmig, der sich im Besitz eines Soldaten befand, der vor gut einem halben Jahrtausend gestorben ist.«

King reagierte nicht sofort, aber sie konnten ihn heftig atmen hören. Schließlich sagte er mit leiser Stimme: »Sie haben es tatsächlich.«

»Stimmt. Und wenn Sie nicht endlich mit der Wahrheit herausrücken, öffnen wir den Kasten und schauen selbst nach, was sich darin befindet.«

»Nein, lassen Sie das. Tun Sie das nicht.«

»Dann sagen Sie uns, was darin ist.«

»Es könnte eins von zwei Dingen sein: entweder ein großer münzförmiger Gegenstand oder ein Haufen Knochen. Aber was auch immer, nichts davon ist für Sie von irgendeinem Wert.«

»Warum bedeuten Ihnen diese Dinge so viel?«

»Das geht Sie gar nichts an.«

Auf der anderen Seite des Tisches hob Selma, die vor ihrem aufgeklappten Laptop stand, einen Zeigefinger. Sam sagte: »Mr King, können Sie sich einen Moment gedulden?«

Ohne auf eine Antwort zu warten, streckte Pete die Hand nach dem Freisprechtelefon aus und schaltete es auf STUMM.

Selma sagte: »Ich hatte ganz vergessen, Ihnen etwas Wichtiges zu sagen. Ich habe mich noch ein wenig mit Kings Jugend beschäftigt. Dabei bin ich auf einen Blog gestoßen, der von einer ehemaligen Reporterin der New York Times betrieben wird. Die Frau behauptet, dass sie King im Verlauf eines Interviews vor drei Jahren eine Frage gestellt habe, die ihm nicht gefiel. Nachdem er sie mit Blicken geradezu erdolcht hatte, habe er das Interview kurzerhand abgebrochen. Zwei Tage später wurde sie gefeuert. Seitdem hat sie als Journalistin keinen Job mehr gefunden. King hat sie offensichtlich gebrandmarkt.«

»Und was hat sie ihn gefragt?«, wollte Remi wissen.

»Sie fragte ihn, weshalb jeder seiner Mitschüler ihn im Highschool-Jahrbuch Adolf nannte.«

»Mehr nicht?«, sagte Sam. »Das ist alles?«

»Das ist alles.«

Wendy sagte: »Wir wissen, dass Lewis King nur nach außen hin ein Nazi war und dass Charlie nichts damit zu tun hatte. Warum also wollte …«

»So sind Kinder eben«, erwiderte Remi. »Denk doch mal nach: Lewis King hat sich schon sehr früh aus Charlies Leben verabschiedet. Hinzu kam, dass Charlie wegen seiner Naziwurzeln überall gnadenlos gehänselt wurde. Uns mag das nicht besonders schlimm erscheinen, aber für einen Jungen, einen Teenager … Sam, das könnte Kings wunder Punkt sein. Damals war er ein trotziges Kind – ohne Macht. Jetzt ist er ein trotziger Milliardär mit mehr Macht als viele Staatsoberhäupter.«

Sam ließ sich das durch den Kopf gehen. Er nickte Pete zu, der das Freisprechtelefon wieder aktivierte. »Ich entschuldige mich, Charlie. Wo waren wir? O ja, richtig: der Kasten. Sie sagten, dass er möglicherweise eine Münze oder irgendwelche Knochen enthalte, nicht wahr?«

»Das ist richtig.«

»Und Ihr Vater wollte all das wofür? Irgendein seltsames okkultes Naziritual? Für etwas, das Himmler sich zusammen mit Adolf ausgedacht hat?«

»Seien Sie still, Fargo!«

»Ihr Dad hat sein Leben damit verbracht, dies zu suchen. Wie können Sie sicher sein, dass er nicht in irgendeiner Verbindung zu einer geheimen Nachkriegs-Naziorganisation stand?«

»Ich warne Sie … halten Sie den Mund!«

»Waren Sie deshalb hinter dem Goldenen Mann her, Charlie? Wollen Sie vollenden, was Ihr im Stechschritt marschierender Vater nicht schaffte?«

Aus dem Lautsprecher drang das Geräusch von etwas Schwerem, das auf eine Holzunterlage krachte, gefolgt von lautem Knistern und Rauschen. Dann war Kings Stimme wieder zu hören: »Ich bin kein Nazi!«

»Der Apfel fällt niemals weit vom Stamm, Charlie. Ich denke, es ist folgendermaßen passiert: Ihr Dad erfuhr während der Expedition 1938 von der Existenz des Theurang. Dann wanderte die Familie nach dem Krieg nach Amerika aus, und er fuhr fort, Sie mit seiner Naziideologie zu indoktrinieren. In Ihren verdrehten Gehirnen ist der Theurang so etwas wie der Heilige Gral. Lewis verschwand, während er danach suchte, aber er hatte in Ihnen einen guten Schüler. Sie werden ihn nicht …«

»Dieser Bastard! Dieser Idiot! Erst macht er sich davon und lässt meine Mutter in Deutschland zurück, dann tut er das Gleiche, als sie nach Amerika kommt! Nachdem meine Mutter eine ganze Flasche Schlaftabletten geschluckt hatte, machte er sich noch nicht mal die Mühe, zu ihrer Beerdigung zu erscheinen! Er hat sie getötet – und hat nicht einmal den Anstand, an ihrem Begräbnis teilzunehmen! Der gute alte exzentrische Lewis! Ihn interessiert es einen feuchten Kehricht, was sie über ihn reden, und er kann nicht verstehen, weshalb es mich stört. Jeden verdammten Tag musste ich mir anhören, wie sie hinter meinem Rücken geflüstert haben: Mach doch noch mal Heil Hitler! Für uns! Und so weiter. Doch ich habe sie überlistet. Hab sie alle in die Tasche gesteckt! Ich könnte jeden von ihnen aufkaufen und auf die Straße setzen.

Sie glauben, ich sei hinter dem Goldenen Mann her, weil er meinem Dad so viel bedeutet hat? Sie meinen, ich sei ein pflichtbewusster Sohn? Was für ein Witz. Wenn ich dieses Ding in die Finger kriege, dann werde ich es zu Staub zertrümmern! Und wenn es im Himmel einen Gott gibt, wird mein Dad dabei zuschauen!« King hielt inne und lachte gepresst. »Außerdem sind Sie beide seit dem ersten Tag wie Dornen in meiner Pfote. Ich will verdammt sein, wenn Sie sich holen, was eigentlich mir gehört!«

Sam antwortete nicht sofort. Ein Blick zu Remi sagte ihm, dass sie das Gleiche dachten: Mit dem Kind Charles King hatten sie aufrichtiges Mitleid. Aber King war lange schon kein Kind mehr, und seine verrückte Mission, sich an seinem schon vor langer Zeit verstorbenen Vater zu rächen, hatte andere Menschen das Leben gekostet.

Sam sagte: »Ist es das? Nur ein Wutanfall? King, Sie haben Menschen ermordet, gekidnappt, zu Sklaven gemacht. Sie sind ein Soziopath.«

»Fargo, Sie wissen gar nicht, was Sie …«

»Ich weiß, was Sie getan haben. Und ich weiß, wozu Sie fähig sind, ehe die ganze Geschichte abgeschlossen ist. Ich verspreche Ihnen eines, King: Wir werden nicht nur alles daransetzen, dass der Goldene Mann nicht in Ihre Hände fällt, sondern wir werden auch dafür sorgen, dass Sie für das, was Sie getan haben, ins Gefängnis wandern.«

»Fargo, hören Sie gut zu! Ich töte …«

Sam streckte die Hand aus und drückte auf die Trenntaste.

Die Verbindung wurde unterbrochen.

Am Arbeitstisch herrschte erst einmal Schweigen.

Dann gab sich Selma einen Ruck. »Ich glaube, er klang ein wenig verärgert.«

Ihre krasse Untertreibung löste die Anspannung. Alle brachen in lautes Gelächter aus. Als es endlich nachließ, sagte Remi: »Die Frage ist, was geschieht, wenn wir unser Versprechen wahr machen – endet King dann im Gefängnis oder in einer Gummizelle?«

 

Oberst Zhou hatte sich teils aus Neugier, teils aus Notwendigkeit zu diesem nächtlichen Treffen bereit erklärt. Sein Arrangement mit den seltsam aussehenden amerikanischen zázhǒng – Mischlingen – hatte sich bisher als lukrativ erwiesen. Aber jetzt, da er ihre wahre Identität kannte – und die ihres Vaters –, konnte Zhou es kaum erwarten, die Bedingungen ihrer Partnerschaft zu ändern. Was Charles King in Nepal trieb, interessierte Zhou nicht. Was ihn ärgerte, war, wie wenig er ihnen an … Bearbeitungsgebühren, wie die Amerikaner es nannten, berechnet hatte. Die Fossilien nach Lhasa und durch den Zoll zu schmuggeln, war einfach, aber vertrauenswürdige Verteiler für derartige verbotene Ware zu finden und zu engagieren, erschien weitaus schwieriger – und war von diesem Abend an erheblich teurer.

Ein paar Minuten vor Mitternacht hörte Zhou draußen das dumpfe Grollen eines SUV-Motors. Die beiden Soldaten hinter dem Oberst erhoben sich von ihren Stühlen und brachten ihre Sturmgewehre an den Hüften in Anschlag.

»Ich habe befohlen, dass sie diesmal durchsucht werden«, sagte er zu seinen Männern. »Trotzdem bleibt auf jeden Fall wachsam.«

Einer der draußen postierten Wächter trat über die Schwelle, nickte Zhou zu und verschwand dann eilig. Einen Moment später traten Marjorie und Russell King aus dem Dunkel in den flackernden Schein der Kerosinlaterne. Sie waren nicht allein. Eine dritte Gestalt, eine schlanke Chinesin mit grimmigem Gesichtsausdruck, betrat den Raum. Die Körpersprache der King-Kinder verriet Zhou, dass diese unbekannte Frau die Wortführerin des Trios war.

Und dann sah er es, die Ähnlichkeit in ihren Augen, ihren Nasen, ihren Wangenknochen. Mutter und Kinder, dachte Zhou. Interessant. Er beschloss, mit dem Spiel zu beginnen. Er erhob sich von seinem Platz am Tapetentisch und verbeugte sich respektvoll vor der Frau. »Darf ich Sie Mrs King nennen?«

»Nein. Hsu. Zhilan Hsu.«

»Bitte nehmen Sie Platz.«

Zhilan entschied sich für die Bank und legte die Hände gefaltet vor sich auf den Tisch. Die King-Kinder blieben stehen und nahmen dabei die gleiche Habt-Acht-Stellung ein wie Oberst Zhous Soldaten. Zhou setzte sich.

»Wem habe ich das Vergnügen zu verdanken?«, fragte er.

»Mein Mann verlangt etwas von Ihnen.«

»Tatsächlich?«

»Ja. Zuerst verlangt er, dass Sie sich Folgendes klarmachen: Wir wissen, dass Ihr Name nicht Zhou lautet und dass Sie kein Oberst der Volksbefreiungsarmee sind. Ihr Name ist in Wirklichkeit Feng, und Sie sind General.«

General Feng hatte das Gefühl, sein Magen habe sich in einen Klumpen Eis verwandelt. Es war ein enormer Willensakt, nicht zuzulassen, dass sich die Panik in seinem Gesicht zeigte. »Was Sie nicht sagen.«

»Es ist so. Wir wissen alles über Sie, inklusive Ihrer anderen illegalen Aktivitäten: Handel mit Handfeuerwaffen, Heroinschmuggel und so weiter. Wir wissen auch, wer in Ihrer Befehlskette mit Ihnen unter einer Decke steckt und wer ein Feind ist. Tatsächlich versteht sich mein Mann recht gut mit einem gewissen General Gou. Kennen Sie diesen Namen?«

Feng schluckte krampfhaft. Er hatte das Gefühl, die Welt um ihn herum stürze ein. Er brachte ein kaum hörbares »Ich kenne ihn« zustande.

»General Gou hat für Sie nicht sehr viel übrig, nicht wahr?«

»Nein.«

»Habe ich mich klar genug ausgedrückt?«, fragte Zhilan Hsu.

»Das haben Sie.«

»Dann sollten wir über unsere Partnerschaft sprechen. Mein Mann ist mit den Diensten, die Sie ihm leisten, sehr zufrieden und würde Ihnen gerne eine Honorarerhöhung von fünfzehn Prozent auf alle Transaktionen anbieten.«

»Das ist äußerst großzügig.«

»Das ist meinem Mann bewusst. Er bittet Sie außerdem um einen Gefallen.«

Noch während die Worte aus seinem Mund drangen, verwünschte sich Feng. »Ein Gefallen schließt gewöhnlich keine Vergütung mit ein.«

Zhilans harte obsidiandunkle Augen fixierten Feng einen Moment lang, ehe sie sich zu einer Antwort bequemte. »Ich habe mich falsch ausgedrückt. Vielleicht ist Aufgabe ein besseres Wort. Natürlich ist es ihm eine Freude, Ihnen Ihre Mühe mit einem Betrag von zweihunderttausend U. S.-Dollar zu vergüten. Aber nur, wenn Sie Erfolg haben.«

Feng bemühte sich, das Lächeln aus seinem Gesicht fernzuhalten. »Natürlich. Das ist nur fair. Wie sieht diese Aufgabe aus?«

»Es gibt Personen – zwei, um genau zu sein –, die unsere geschäftlichen Interessen hier gefährden. Wir erwarten, dass sie in den nächsten Wochen an der Grenze entlangreisen, sie vielleicht sogar in Richtung der TAR überqueren«, sagte Zhilan und meinte damit das Autonome Gebiet Tibet. »Wir wollen, dass Sie sie abfangen.«

»Sie müssen sich schon ein wenig genauer ausdrücken.«

»Sie sollen Sie gefangen nehmen und für uns festhalten oder töten. Ich werde Ihnen den entsprechenden Befehl geben, wenn der Zeitpunkt gekommen ist.«

»Wie nahe an der Grenze werden sie unterwegs sein?«

»An einigen Stellen weniger als nur ein paar Meilen.«

»Die Grenze ist aber viele hundert Meilen lang. Wie soll man da zwei einzelne Personen finden?«

»Stellen Sie sich nicht dumm«, sagte Zhilan, und ihre Stimme bekam jetzt einen härteren Klang. »Unter Ihrem Befehl stehen unter anderem vierzehn Harbin-Z-9-Hubschrauber, ausgerüstet mit Infrarotradar, Nachtsichtkameras und Raketen, sowohl für die Luft-als auch für die Panzerabwehr.«

Feng seufzte. »Sie sind außerordentlich gut informiert.«

»Unter Ihrem Kommando befinden sich darüber hinaus neunundsiebzig Beobachtungsposten entlang der Grenze. Trifft das ebenfalls zu?«

»Ja.«

»Wir vermuten, dass die Personen einen Hubschrauber benutzen werden, um in weiter abgelegene Regionen vorzudringen. Es gibt eine begrenzte Anzahl von Charter-Gesellschaften, die solche Dienstleistungen anbieten. Um Ihnen Ihre Aufgabe zu vereinfachen, werden wir diese Gesellschaften überwachen.«

»Warum schnappen Sie sich diese Leute nicht, ehe sie an Bord eines Hubschraubers gehen?«

»Wir werden zulassen, dass sie ihre … Mission abschließen, ehe Sie sich ihrer annehmen.«

»Was ist ihre Mission?«

»Sie suchen etwas. Wir wollen, dass sie es finden.«

»Was suchen sie?«

»Das brauchen Sie nicht zu wissen. General, ich habe Ihnen erklärt, was von Ihnen verlangt wird. Ich habe Ihnen alle Informationen zukommen lassen, die Sie brauchen, um eine Entscheidung zu treffen. Also entscheiden Sie, bitte.«

»Ich akzeptiere das Angebot. Ich brauche jedoch weitere Informationen über die Zielpersonen.«

Zhilan griff in eine der vorderen Taschen ihres Parka und holte eine SD-Karte hervor. Sie schob sie über den Tisch zu Feng, dann stand sie auf. »Sorgen Sie dafür, dass Sie bereit sind, wenn ich mich melde.«

Das Geheimnis von Shangri La
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