38

Goldfish Point,
La Jolla, Kalifornien

Nachdem sie die Kopien von »Der Große Drache« auf ihren iPads hatten, bedankten sich Sam und Remi bei Professor Moretti für ihre Hilfe. Sam und Remi lasen die Geschichte und sandten Kopien davon als E-Mail an Selma, Wendy und Pete. Während Remi auch Jack eine Kopie der Geschichte schickte, stellte Selma per iChat eine Verbindung zu ihm her.

»Sie beide sehen aus, als seien Sie außer sich vor Freude«, sagte Karna. »Spannen Sie mich nicht auf die Folter. Was haben Sie gefunden?«

Sam meinte zu Remi: »Sag du es ihm.«

Remi rekapitulierte zuerst ihr Gespräch mit Carlotta Moretti, dann folgte eine Zusammenfassung der Geschichte »Der Große Drache«.

»Unglaublich«, sagte Selma. »Haben Sie beide die Geschichte gelesen?«

»Ja«, sagte Sam. »Sie müsste inzwischen in Ihrem E-Mail-Briefkasten sein. Auch in Ihrem, Jack.«

»Ja, ich sehe sie.«

»Inwieweit stimmt die Geschichte mit der Inschrift auf dem Bambusstab überein?«, fragte Wendy.

»Wenn man die eindeutig der Phantasie entsprungenen Teile der Geschichte durch De Terzis angebliches Testament ersetzt, dann erhält man fast so etwas wie einen Tatsachenbericht: der Absturz, die Anzahl Überlebender, die Entdeckung des geheimnisvollen Schatzes, die Heimkehr … alles ist da.«

»Und die Zeitachse passt genau«, sagte Remi. »In der Zeit zwischen De Terzis jeweiligen Aktivitäten, über die sekundäre Quellen berichten, hätte er leicht nach China reisen und von dort wieder zurückkehren können.«

»Ich bin erstaunt. Soweit habe ich gar nicht gedacht«, sagte Karna.

Pete, der die Story auf Sams iPad durchblätterte, sagte: »Was hat diese Landkarte auf der Titelseite zu bedeuten?«

»Sie zeigt die Reise des Helden, die er unternommen hat, um den Schatz zurückzubringen«, erwiderte Remi. »Jack, haben Sie das?«

»Ich betrachte es gerade. Es scheint, als komme De Terzi von Westen und als mache er zuerst an einer Stelle halt, die hier als Schloss oder Burg gekennzeichnet ist. Ich denke, wir können davon ausgehen, dass dies Shekar Gönpa ist.«

»Der Startpunkt des Luftschiffs«, sagte Sam.

»Und möglicherweise der Ort, an dem Giuseppe begraben wurde«, fügte Remi hinzu.

Karna fuhr fort: »Vom Shekar Gönpa reist De Terzi nach Osten zur Großen Stadt. Betrachtet man die Position des Shekar, dann könnte diese Stadt Lhasa sein.«

»Warum wollte er dorthin?«, fragte Wendy. »Die Absturzstelle liegt vierzig Meilen südlich des Shekar Gönpa. Wollte er den Schatz nicht zurückbringen?«

»Ja«, meinte Sam, »aber in der Geschichte erklärt ihm ein Weiser, als er die Burg erreicht, dass er den Schatz an seine ›rechtmäßige Heimstatt‹ bringen soll. Ihm wird gesagt, dass er in der Großen Stadt im Westen einen anderen Weisen aufsuchen solle, wahrscheinlich um sich Anweisungen für sein weiteres Vorgehen zu holen.«

Karna griff Sams Gedankengang auf. »Nach der Großen Stadt zieht De Terzi weiter nach Osten und kommt am Ende … ich weiß nicht wo … an. Dort ist lediglich ein X eingezeichnet.«

»Shangri-La«, schlug Remi vor.

Karna schwieg einige Sekunden lang. Dann sagte er: »Sie müssen mich entschuldigen. Verzeihung. Ich komme gleich zurück.«

Das iChat-Fenster verdunkelte sich.

 

Eine halbe Stunde später meldete sich Karna wieder. »Auf der Karte gibt es einige grobe Rasterlinien und andere Landmarken, die ich noch auf Querverweise überprüfen muss, aber wenn ich die Entfernung zwischen Shekar Gönpa und Lhasa als Bezugswert heranziehe, dann müsste die letzte Etappe von De Terzis Reise in einer Gegend geendet sein, die man heute als Tsangpo-Schlucht kennt.«

»Das war Ihre erste Wahl für die Lage Shangri-Las«, sagte Sam.

»Ja, in der Tat. Sam, Remi, möglicherweise haben Sie soeben ein Rätsel gelöst, das seit sechshundert Jahren existiert.«

Sam sagte: »Wir sollten nichts überstürzen. Wie lange wird es dauern, die Positionen auf der Karte festzulegen?«

»Ich fange gleich damit an. Lassen Sie mir einen Tag Zeit.«

Das Geheimnis von Shangri La
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